Inhaltsverzeichnis
Wie Sie herausfinden, ob Sie Fibromyalgie haben
Wenn Sie diesen Artikel lesen, dann sind Sie vermutlich in der folgenden Situation:
- Sie haben nun schon über Monate oder sogar Jahre hinweg unerklärliche Schmerzen.
- Kein Arzt konnte Ihnen bisher helfen. Womöglich wurden Sie nicht einmal ernstgenommen.
- Sie haben von der Krankheit ‚Fibromyalgie‚ gehört oder gelesen und fragen sich nun, ob Sie davon betroffen sein könnten.
Dann ist es völlig verständlich, dass Sie verunsichert sind. Nicht zu wissen, was mit dem eigenen Körper ’nicht stimmt‘, ist äußerst irritierend. Besonders ärgerlich: Chronische Schmerzen werden typischerweise durch Stress, wie ihn eine solche Situation verursacht, noch verstärkt.
Falls Sie schon ein wenig über Fibromyalgie gelesen haben, wissen Sie, dass eine beängstigend lange Liste an möglichen Symptomen gibt. Das trägt noch zur Verunsicherung bei, denn fast jeder hat schon einmal irgendeines der Nebensymptome (kalte Füße, Zittern, Verdauungsprobleme etc.) gehabt.
Im Folgenden erklären wir Ihnen, wie Sie am besten vorgehen sollten, wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie Fibromyalgie haben.
Erster Selbsttest
Ein Diagnosekriterium, dass Sie auch selbst anwenden können, sind die sogenannten Tenderpoints. Diese 18 Punkte (ein Bild findet sich z.B. auf dieser Seite) befinden sich an Gelenken und Ansatzpunkten von Sehnen. Sie sind typischerweise besonders empfindlich bei Fibromyalgie-Patienten.
Und so funktioniert der Test:
- Sie oder eine andere Person drücken nacheinander mit einem Finger auf jeden einzelnen der Punkte.
- Der Druck sollte dabei gerade genug sein, damit der obere Teil der Fingernagels blasser wird.
- Notieren Sie in einer Strichliste, an wie vielen Punkten Sie dabei Schmerzen empfinden.
- Wenn Sie an mindestens 11 der Punkte bei Druckausübung Schmerzen empfinden, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit (laut dem us-amerikanischen Fibromyalgia Network 88%), dass Sie von Fibromyalgie betroffen sind.
Einige Diagnoseempfehlungen geben auch an, dass eine geringere Anzahl an Punkte (mindestens 6) ausreichend für die Diagnose ist, wenn zu den chronischen Schmerzen noch das Symptom Müdigkeit/Konzentrationsschwäche/Schlafstörungen kommt.
Ärztefindung
Im nächsten Schritt müssen Sie einen geeigneten Arzt finden. Am besten ist dafür ein Rheumatologe. Da nicht alle Rheumatologen mit der Erkrankung vertraut sind, lohnt es sich, ein wenig zu googeln. Viele Ärzte bzw. Praxen haben mittlerweile eine eigene Homepage und wenn Fibromyalgie eines der Spezialgebiete der rheumatologischen Praxis ist, wird das auf der Homepage vermerkt sein.
Einige Webseiten führen auch Ärztelisten zu Fibromyalgie, entweder für einzelne Großstädte oder auch für Bundesländer.
Bei Ihrem ersten Termin können Sie dem Arzt ruhig Ihren Verdacht mitteilen. Es ist wichtig, dass Sie mit Ihrem Arzt zufrieden sind und sich in guten Händen fühlen. Wenn Sie den Eindruck haben, Sie werden nicht ernstgenommen, nicht richtig informiert oder der Arzt ist nicht kompetent auf dem Gebiet, dann sollten Sie in Erwägung ziehen, den Arzt zu wechseln.
Die Diagnose
Es gibt leider bisher keine 100% eindeutige Möglichkeit, Fibromyalgie zu diagnostizieren, da die Ursache der Krankheit noch unbekannt ist.. Es gibt keinerlei objektives Kriterium, zum Beispiel eine bestimmte Auffälligkeit auf Röntgenbildern, oder einen Laborwert, den man messen könnte. Die Tenderpoints sind bisher die beste Option.
Der Arzt wird Ihnen zunächst allerlei Fragen zu Ihrer Krankheitsgeschichte stellen und zu den Beschwerden, die Sie empfingen. Dann werden die Tenderpoints getestet.
Selbst wenn zu diesem Zeitpunkt schon vieles auf Fibromyalgie hindeutet, müssen noch verschiedene Krankheiten mit ähnlichen Symptomen ausgeschlossen werden. Die wichtigsten sind:
Depression
Obwohl die Depression eine psychiatrische Erkrankung ist, kann sie sich durchaus auch in Form von körperlichen Schmerzen äußern.
Diagnostiziert wird die Krankheit entweder durch den Hausarzt, oder durch einen Psychologen/Psychiater.
Verkompliziert wird die Sache dadurch, dass Fibromyalgie nicht selten mit einer Depression einhergeht. Die Diagnose einer Depression schließt die Fibromyalgie also nicht unbedingt aus.
Rheumatoide Arthritis
Bei rheumatoider Arthritis greift das eigene Immunsystem die Gelenke (besonders von Händen, Knien, Füßen, Schultern und Hüfte) an. In Folge dessen kommt es zu Entzündungen und Verformungen der Gelenke. Die Krankheit ist extrem schmerzhaft.
Bei rheumatoider Arthritis sind die betroffenen Gelenke im Gegensatz zur Fibromyalgie erhitzt, gerötet und geschwollen. Außerdem erscheint die Veränderung der Gelenke und Knochen im Röntgenbild. Der dritte wichtige Unterschied: Oftmals zeigen sich bei rheumatoider Arthritis veränderte Blutwerte, beispielsweise kann der sogenannte Rheumafaktor erhöht sein.
Multiple Sklerose
Auch Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung: Das bedeutet, das Immunsystem greift fälschlicherweise die körpereigenen, eigentlich gesunden Zellen an. Im Fall von Multipler Sklerose wird die Schutzhülle von Nervenzellen in Gehirn und Rückenmark angegriffen. Das führt dazu, dass die betroffenen Nerven falsche Signale senden. Die Patienten fühlen dann in den entsprechenden Körperbereichen Kribbeln, Taubheit oder Schmerzen. Auch Sehstörungen können vorkommen.
MS tritt fast immer in klar abgrenzbaren Schüben auf. Nach Beendigung des Schubs verschwinden alle oder ein Teil der Symptome wieder. Die Symptome, die zurückbleiben, sind nun mit großer Wahrscheinlichkeit dauerhaft – an den entsprechenden Stellen im Nervensystem haben sich Narben gebildet.
Multiple Sklerose (MS) wird vom Neurologen diagnostiziert. Die Grundlage für die Diagnose bildet zunächst die Anamnese (die Krankengeschichte): Wenn schon mehrere Schübe mit typischen MS-Symptomen aufgetreten sind, ist das ein starker Hinweis.
Zusätzlich können bildgebende Verfahren (zum Beispiel eine Kernspintomografie des Gehirns) angewendet werden, um entzündete Stellen oder Narben von alten Entzündungen zu finden.
Im Zweifelsfall kann auch eine Analyse der Rückenmarksflüssigkeit Aufschluss geben. Hier finden sich bei MS Anzeichen für Entzündungen.
Mangel an Vitamin B12
Ein VitaminB12-Mangel kann zu ähnlichen Symptomen wie Fibromyalgie führen, insbesondere Müdigkeit.
Zu einem solchen Mangel kann es durch unausgewogene vegane Ernährung kommen, da Vitamin B12 fast ausschließlich in tierischen Produkten vorkommt. Auch Darmparasiten können den Mangel auslösen, indem sie das aufgenommene Vitamin B12 verbrauchen.
Die Erkrankung lässt sich mit Hilfe der Analyse verschiedener Blutwerte diagnostizieren.
Myofasziales Schmerzsyndrom
Beim myofaszialen Schmerzsyndrom kommt es zu einer Überbelastung eines Muskels, zum Beispiel durch wiederkehrende Bewegungen, Unterkühlung, Muskelschwäche, hormonelle Störungen und mehr.
Der wichtigste Unterschied zur Fibromyalgie ist die lokale Begrenzung der Schmerzen: Es gibt nur einen Triggerpunkt, nämlich den überlasteten Muskel. Beim Drücken dieses Triggerpunktes kommt es zu einem reflexartigen Zucken des Muskels.
Lyme-Borreliose
Die Lyme-Borreliose ist eine Infektion mit einem bestimmten Bakterium. Das Bakterium wird bei Zeckenbissen übertragen.
Die Infektion kann sich – unbehandelt – über Jahre hinziehen. Mögliche Symptome sind Muskel- und Gelenkschmerzen, weswegen Verwechslungsgefahr mit Fibromyalgie besteht.
Zur Diagnose werden die Antikörper gegen das Borreliose-Bakterium im Blut gemessen, allerdings sagt das Ergebnis nichts darüber aus, ob akut eine Infektion besteht oder ob es sich um Antikörper einer früheren, abgeheilten Infektion handelt.
Daher wird eine Antibiotikatherapie durchgeführt. Führt diese zum Verschwinden der Symptome, bestätigt das die Diagnose. Bleiben die Symptome bestehen, kann eine Borreliose ausgeschlossen werden.
Fazit
Scheuen Sie sich nicht, Ihrem Arzt Fragen zur Diagnose und zum Vorgehen zu stellen. Es ist wichtig, dass Sie als Patient verstehen, was vor sich geht und wie der Arzt zu einem bestimmten Beschluss gekommen ist. Auch bezüglich der Behandlung sollten Sie eine informierte Entscheidung treffen können. Scheuen Sie sich nicht, Fragen zu alternativen Behandlungsmöglichkeiten zu stellen.
Sie können sich vor dem Arzttermin auch gezielt Fragen und wichtige Punkte, die Sie ansprechen möchten, überlegen und aufschreiben. So könnten Sie vorbereitet und entspannt in das Gespräch gehen.