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Behandlungsformen für Diabetes.
Diabetes Mellitus ist eine Stoffwechselerkrankung, die in verschiedenen Typen vorkommen kann. Die Behandlung unterscheidet sich dabei von Typ zu Typ. Im Folgenden erläutern wir die Behandlungsoptionen für die wichtigsten Formen, nämlich Typ 1 und 2 und Schwangerschaftsdiabetes.
Typ-1-Diabetes
Bei dieser Form von Diabetes werden die Betazellen in der Bauchspeicheldrüse vom eigenen Immunsystem angegriffen und zerstört. Da die Betazellen für die Insulinproduktion zuständig sind, kann nach dieser Autoimmunreaktion der Körper kein Insulin mehr herstellen. Es kommt zu einem absoluten Insulinmangel. Hier können Sie mehr über die Ursachen von Diabetes erfahren.
Insulin transportiert Glucose (Zucker) aus dem Blut in die Zellen des Körpers. Wenn kein Insulin mehr vorhanden ist, verbleibt die Glucose im Blut und der Blutzuckerspiegel steigt an.
Für die Behandlung bedeutet das: Bis eventuell in der Zukunft Zellen künstlich gezüchtet und transplantiert werden können, ist keine Heilung des Typ-1-Diabetes möglich, denn die Betazellen sind dauerhaft zerstört. Die Patienten müssen daher lebenslang Insulinpräparate zu sich nehmen.
Während bis zum Ende des letzten Jahrhundert Schweineinsulin verwendet wurde, kann mittlerweile humanes Insulin biotechnologisch hergestellt werden. Dafür werden Bakterien benutzt, denen das Gen zur Insulinproduktion eingesetzt wurde.
Es gibt nun zwei verschiedene Varianten der Insulintherapie bei Typ-1-Diabetes:
Die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT) ist derzeit die Standardtherapie in Deutschland. Hierbei wird ein langsam wirkendes Insulinpräparat benutzt, um den Grundbedarf an Insulin zu decken. Hinzu kommt ein schnell wirkendes Insulinpräparat um Mahlzeiten, Sport, Stress oder anders verursachte Abweichungen im Blutzuckerspiegel auszugleichen. Diese Therapie erlaubt den Patienten größere Freiheiten im Tagesablauf, es muss zum Beispiel nicht jeden Tag zur gleichen Zeit gegessen werden.
Die ICT erfolgt eigenverantwortlich: Nach einer ausführlichen Einweisung durch medizinisches Personal führen die Patienten die Behandlung tagtäglich selbst durch. Zur Verabreichung des Insulins wird ein sogenannter Pen benutzt. Dieses Injektionsinstrument sieht ähnlich wie ein Kugelschreiber aus und enthält eine Ampulle mit dem Insulin. Damit stellt man die benötigte Dosis ein und spritzt sich das Insulin subcutan, also in das Fettgewebe von bspw. Bauch oder Oberschenkeln. Die Pens sind leichter zu transportieren als Spritzen, die Dosis ist genauer einzustellen und die Hemmschwelle ist üblicherweise geringer, insbesondere bei halbautomatischen Systemen.
Ein zentrales Element der Insulintherapie ist die regelmäßige und rigorose Kontrolle des Blutzuckerspiegels. Auch das übernimmt der Patient selbst, mit Hilfe von Blutzuckermessgeräten. Dabei wird mit einer winzigen Nadel in die Fingerkuppe gestochen, sodass ein kleiner Blutstropfen auf den Teststreifen des Geräts aufgebracht werden kann. Anhand des gemessenen Blutzuckers wird dann die benötigte Insulindosis berechnet. Während früher noch von Hand ein Tagebuch für die Blutzuckerwerte geführt werden musste, kann das heute entweder das Gerät selbst übernehmen oder die Daten können an einen PC oder ein Smartphone übermittelt werden.
Die gefährlichste Nebenwirkung der Insulintherapie ist der Unterzucker, die Hypoglykämie. Dazu kommt es, wenn zu viel Insulin verabreicht wird oder die Patienten über längere Zeit zu wenig essen. Auch Stress und Sport kann den Blutzuckerspiegel nach unten treiben. Da das Gehirn ständig mit Glucose versorgt werden muss, hat ein zu niedriger Blutzuckerspiegel dramatische Folgen: Zunächst kann es zu Heißhunger, Übelkeit, Schwitzen, Zittern, Kopfschmerzen, Verwirrtheit und Koordinationsproblemen kommen. Dann erhöht sich der Blutdruck, die Atmung beschleunigt sich, es kommt zu Lähmungen, epileptischen Anfällen und schließlich zur Bewusstlosigkeit durch Schock. Die Atmung und der Kreislauf versagen und es kommt zu Hirnschäden, wenn der Unterzucker nicht schnell behandelt wird.
Daher ist es wichtig, das Typ-1-Diabetiker nicht nur ihr Insulin, sondern auch Traubenzucker stets bei sich haben. Ein beginnender Unterzucker kann leicht mit Traubenzucker oder zuckerhaltigem Saft bekämpft werden. Wenn die Person allerdings bewusstlos ist, muss vom Notarzt intravenös Glucose zugeführt werden. Die Erstickungsgefahr wäre zu groß, wenn man einer bewusstlosen Person Traubenzucker oder Saft verabreicht.
Eine alternative Behandlungsmöglichkeit, die sich immer mehr durchsetzt, ist die Pumpentherapie. Dabei wird eine Insulinpumpe ständig am Körper getragen – sie ist über einen kleinen Katheter mit dem Körper verbunden. Die Therapie kann so viel genauer erfolgen, weil im Abstand von wenigen Minuten kleine Insulinmengen in den Körper abgegeben werden können. Damit wird, ähnlich wie bei der ICT die Basisversorgung mit Insulin gewährleistet. Die akute Versorgung, zum Beispiel bei Mahlzeiten, stellt der Patient selbst ein, um mehr Flexibilität zu haben. Die meisten Pumpen beinhalten auch ein Blutzuckermessgerät. Leider gibt es noch keine Pumpen, die anhand der Blutzuckerwerte die nötigen Insulinmengen automatisch berechnen und abgeben. Solche ‚künstlichen Bauchspeicheldrüsen‘ befinden sich gerade erst in der Entwicklung.
Auch bei den Insulinpumpen müssen sich die Patienten also darum kümmern, die notwendigen Insulinmengen zu bestimmen und die Pumpe dementsprechend einzustellen. Natürlich erfolgt auch hier eine ausführliche Schulung, die auch das Verhalten bei technischen Problemen umfasst oder wenn man die Pumpe für wenige Stunden abnehmen möchte.
Typ-2-Diabetes
Beim Diabetes des Typ 2 liegt eine Insulinresistenz vor, die meistens durch Übergewicht und mangelnde Bewegung verursacht wird. Diese Insulinresistenz führt dazu, dass die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin produzieren muss, um den Transport der Glucose in die Zellen zu gewährleisten. Irgendwann kann die Bauchspeicheldrüse nicht mehr mithalten und der Blutzucker steigt. Zum erhöhten Blutzuckerspiegel kommt im Normalfall auch ein erhöhter Insulinspiegel – dennoch reicht das Insulin nicht aus, weswegen man von einem relativen Insulinmangel spricht.
Wichtigster Teil der Behandlung ist die Beseitigung der Fehlernährung, des Bewegungsmangels und des Übergewichts. Man versucht das zu erreichen, indem die Patienten geschult werden: Man informiert über gesunde Ernährung und Sport. Natürlich gibt es unzählige Methoden zur Gewichtsabnahme, aber letztendlich geht es bei allen darum die Kalorieneinnahme geringer als den Kalorienverbrauch zu halten. Um das zu berechnen gibt es mittlerweile verschiedene Apps und Computerprogramme. Bei der Ernährung wird vor allem eine Reduktion von zuckerhaltigen Lebensmitteln und Weißmehlprodukten empfohlen. Stattdessen soll viel Gemüse und Vollkornnahrung benutzt werden.
Mithilfe dieser Maßnahmen ist der Typ-2-Diabetes bei vielen Patienten heilbar. Die Insulinresistenz geht mit sinkendem Gewicht und mehr Bewegung zurück und die Bauchspeicheldrüse ist schließlich wieder in der Lage, den Insulinbedarf vollständig zu decken.
Leider erfordert die Methode jedoch viel Disziplin von Seiten der Patienten. Wenn die Patienten die Veränderung des Lebensstil nicht durchführen können oder wollen, oder wenn die Blutzuckerwerte dennoch nicht sinken, muss zu medikamentösen Mitteln gegriffen werden. Das macht man typischerweise, wenn nach drei Monaten noch keine Verbesserung der Blutzuckerspiegels erfolgt ist.
Da die Patienten zumeist sowieso schon einen zu hohen Insulinspiegel haben, versucht man, die Insulingabe zu vermeiden. Zumal hohe Insulinwerte Übergewicht fördern und das Problem damit langfristig verschlimmern können.
Stattdessen werden Antidiabetika benutzt, die oral eingenommen werden. Diese besitzen verschiedene Wirkmechanismen: Zum Beispiel verringern sie die Glucosebildung in der Leber und verbessern die Glucoseaufnahme in den Muskeln. Das bekannteste Antidiabetikum ist Metformin.
Wenn sich mit einem Antidiabetikum (z.B. Metformin) immer noch keine Besserung zeigt, werden mehrere Antidiabetika miteinander kombiniert. Eventuell werden dann auch sogenannte insulinotrope Medikamente eingesetzt, die die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse fördern. Das führt dann natürlich wieder zu höheren Insulinwerten. Schlimmstenfalls bleibt die subcutane Insulingabe über Pens oder eine Pumpe als letzter Ausweg.
Auch beim Diabetes des Typ 2 sollte regelmäßig (zum Beispiel mehrmals in der Woche) der Blutzucker kontrolliert werden. So kann bei stark erhöhten Werten frühzeitig reagiert werden.
Schwangerschaftsdiabetes
Beim Schwangerschaftsdiabetes kommt es zu einer Insulinresistenz, wie beim Typ-2-Diabetes auch. Die Behandlung ist daher ähnlich zum Typ-2-Diabetes:
Im Vordergrund – und in 90% der Fälle erfolgreich – ist die Umstellung auf eine gesündere Ernährung und mehr Bewegung. Wenn sich dadurch keine Besserung zeigt, muss Insulin gegeben werden. Orale Antidiabetika, wie Metformin, sind in Deutschland für die Schwangerschaft nicht zugelassen.
Beim Schwangerschaftsdiabetes ist eine genaue und regelmäßige Kontrolle des Blutzuckers unerlässlich, da ein dauerhaft erhöhter Blutzucker schwere Folgen für den Fötus haben kann.